„Menschen helfen und einfach
auch mal gemeinsam lachen“

(Alisa Husetic auf die Frage, was sie an ihrem Beruf mag)

Dieser Weg war kein leichter.

Menschen im Leopoldina: Gesundheits- und Krankenpflegerin Alisa Husetic.

(Text + Bild: Stefan Pfister)

 

Als Alisa Husetic vor drei Jahren aus Bosnien-Herzegowina nach Deutschland kam, sprach sie kein Wort Deutsch. In ihrem Heimatland hatte die junge Frau zwar erfolgreich ein Studium der Lebensmittel­technologie absolviert und danach noch eine Ausbildung zur Krankenschwester folgen lassen. Doch der Abschluss in ihrem Wunschberuf fand hierzulande zunächst keine Anerkennung, auch wegen der fehlenden Sprachkenntnisse.

Heute ist Alisa glücklich, das merkt man schnell im Gespräch. Sie lacht viel beim Interview, für das sie sich ihren Lieblingsort, den Schweinfurter Baggersee, ausgesucht hat. Und sie plaudert rege über ihren Weg ins Hier und Jetzt – in nahezu perfektem Hochdeutsch. „Es war kein einfacher Weg“, sagt sie, ohne dass es klagend wirkt, ohne dass ihr ansteckendes Lächeln verschwindet. Mittlerweile ist ihre frühere Berufsausbildung anerkannt und sie arbeitet auf der Neurologie-Station 63 im Leopoldina-­Krankenhaus.

Der Baggersee als Lieblingsort und Kraftquelle: Hier kann Alisa Husetic wunderbar entspannen. Ob beim Relaxen auf der Wiese, mit oder ohne Buch, oder einfach nur beim Spaziergehen rund um das Gewässer. Foto: Stefan Pfister

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Im April hat die 32-Jährige die Anerkennungsprüfung zur examinierten Pflegekraft mit Bravour bestanden. Als einzige Institution in Unterfranken hat die Berufsfachschule für Pflege des Zweckverbandes Haßfurt/Schweinfurt die staatliche Erlaubnis erhalten, einen solchen Kurs durchzuführen. Der Erste begann im September 2020, an dem auch Alisa Husetic zusammen mit zehn weiteren Bewerbern aus sieben Nicht-EU-Ländern teilnahm. Nach erfolgreicher Prüfung dürfen alle nun die Berufsbezeichnung „Gesundheits- und Krankenpfleger:in“ führen.

Ihre Deutschland-Tour begann 2018 zunächst in Schleswig-Holstein. Dorthin folgte die Frau aus der Stadt Bihac, die als Kleinkind ihren Vater im Krieg verlor, ihrem Freund. Anfangs verkaufte sie Crêpes, bis sie einen Arbeitsplatz im Pflegeheim fand. Später hörte sie von Berufsanerkennungskursen, für die gewisse Sprachkenntnisse vorausgesetzt werden. Also meldete sie sich für einen Deutsch-Kurs zum Sprachzertifikat B1 an, und nachdem sie dieses erfolgreich abschloss, sattelte sie noch den B2 drauf. Insgesamt ein Jahr lang ging sie früh zur Schule und nachmittags zur Arbeit. Das war anstrengend, aber auch hilfreich. Die vielen Unterhaltungen mit den Heimbewohnern, sagt sie heute, seien eine sehr gute Übung gewesen.

Weil es im hohen Norden etwas kompliziert mit der Anerkennung war, nahm sie dankend den Tipp einer Freundin aus Schweinfurt auf, die auf das Leopoldina-Krankenhaus aufmerksam machte. Und Alisa hatte Glück: Kurze Zeit später, im September, begann der Premieren-Kurs an der Berufsfachschule. Doch auch hier wurde ihr nichts geschenkt: Der Arbeitsvertrag im Pflegeheim lief noch bis Ende Oktober und so musste sie wochenlang zwischen Schule in Schweinfurt und Arbeitsstätte in Schleswig-Holstein pendeln. Möglich war dies nur, weil der Kurs nicht täglich, sondern blockweise stattfand.

Alle Mühen haben sich gelohnt. „Ich finde den Kurs richtig klasse.“ Vieles, was hier vermittelt wurde, habe sie aus ihrer Ausbildung gekannt. „Aber mir fehlten die richtigen deutschen Worte.“ Der Kurs hat ihr in diesem Bereich sehr geholfen, zusätzlich wurde neues Wissen vermittelt und sie konnte weitere Erfahrungen beim praktischen Unterricht sammeln.

Auf Station 63 fühlt sie sich sehr wohl, hier möchte sie bleiben. Schön sei dort, so meint sie, zu sehen, welche Fortschritte die Patienten machten. „Menschen helfen und einfach auch mal gemeinsam lachen“, das ist es, was sie so sehr an ihrem Beruf mag. Das möchte sie jeden Tag aufs Neue leben. Und später sich gerne weiterbilden, auf alle Fälle im Pflegebereich.

Zunächst möchte sie etwas die Region erkunden, wofür noch viel zu wenig Zeit gewesen sei. Und andere Länder und Städte kennenlernen: Spanien, Schottland und London nennt sie als Ziele. Der erste Urlaub wird sie zurück in die Heimat führen: Dort gibt es ein freudiges Ereignis zu feiern, denn eine Freundin ist kürzlich Mama geworden. Vor allem aber geht es zur Oma, die sie seit ihrem Weggang nicht gesehen hat. „Die Sehnsucht ist groß“, gesteht Alisa. Es ist die vielleicht schönste Etappe ihrer langen beruflichen Reise, die vor drei Jahren in Bihac begonnen hat und in gewisser Weise dort nun ihren vorläufigen Abschluss findet.

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