„Mir hat es viel gegeben: Pflichtbewusstsein,
Geradlinigkeit, Menschenkenntnis und Entscheidungsfreude.“

(Dr. Michael Völk zu seinem Schiedsrichter-Hobby)

Vom OP auf den Fußballplatz.

Menschen im Leopoldina: Oberarzt Dr. med. Michael Völk.

(Text + Bild: Stefan Pfister)

 

Mit zwölf Jahren leitete er sein erstes Fußballspiel, obwohl es in diesem Alter noch nicht erlaubt war. Als 18-Jähriger durfte er als Schiedsrichter bereits in der Landesliga pfeifen. Immer weiter ging es die Spielklassen-Leiter hinauf, bis zur Regionalliga. Und in der dritten Profiliga assistierte er den Bundes­liga-Referees Manuel Gräfe und Wolfgang Stark an der Seitenlinie. Dr. med. Michael Völk hat mehr als 20 Jahre die Pfeife in den Mund genommen, damit es fair und regelkonform zuging. Auf Dorfsportplätzen und in großen Stadien war der Orthopäde unzählige Wochenenden im Einsatz.

Warum wird man Schiedsrichter und nicht Fußballer, Herr Dr. Völk? „Die Frage habe ich mir nie stellen müssen, weil ich nie Fußball gespielt habe“. Und im Gespräch gibt er offen zu: „Ich kann nach wie vor keinen Ball stoppen.“ Die Leidenschaft zur Neutralität wurde ihm quasi in die Wiege gelegt: Schon der Papa war Schiedsrichter, der später „sein kritischster Beobachter“ werden sollte.

Auch in Fußballstadien kennt sich Oberarzt Dr. Michael Völk bestens aus. Als Schiedsrichter leitete er lange Jahre Spiele sogar in oberklassigen Ligen. Foto: Stefan Pfister

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Nach der Kindheit im oberfränkischen Kronach sowie Studium und ersten Berufsjahren in Erlangen kam der junge Mediziner 2010 ans Leopoldina-­Krankenhaus. Eigentlich sollte es nur vorübergehend sein, da an der Uniklinik in Erlangen kein Platz für das eingeplante halbe Jahr in der Unfall­chirurgie frei war. Weil sein dortiger Vorgesetzter den damaligen Chef­arzt für Endoprothetik, Orthopädie, Unfallchirurgie, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Leopoldina, Prof. Link, gut kannte, landete er in Schweinfurt. „Aus sechs Monaten sind elf Jahre geworden“, berichtet Dr. Völk. Sehr zu seiner Freude, denn hier hat er sich gleich wohlgefühlt.

Mit Nacht- und Wochenenddiensten war es allerdings nicht immer leicht, das Hobby mit dem Beruf zu vereinen. Als weitere Leidenschaft kam dann hinzu, dass er sich bis heute in seiner weiteren Freizeit für den ASB als Notarzt engagiert. In den ersten Jahren konnte er alles irgendwie noch unter einen Hut bekommen, trotz stundenlanger Anfahrten zu den Fußballpartien. Möglich war dies nur, „weil die Kollegen und Chefärzte großes Verständnis zeigten.“

Belohnt wurde er mit außergewöhnlichen Spielen bei Traditionsvereinen wie in Dresden, Magdeburg und Offenbach mit bis zu 20.000 – teils heißblütigen – Fans. Glücklicherweise blieb er von brenzligen Situationen verschont. Sein Tipp, mit solchen Stresssituationen umzugehen: „Man darf es nicht zu nah an sich ranlassen. Und je länger man dabei ist, desto eher weiß man, ob die Leute da draußen zu Recht schreien.“

In Erinnerung bleibt so manches Ereignis auch abseits des Spielfeldes. Wie etwa mit Mehmet Scholl, der zu jener Zeit bei der U23-Mannschaft des FC Bayern in der Regionalliga erste Trainererfahrungen sammelte. Der Ex-Nationalspieler klopfte in der Halbzeitpause an seine Kabine und fragte vorsichtig an, ob er bei ihm unbe­obachtet eine Zigarette rauchen dürfe. Im Schweinfurter Stadion erlebte er einmal, ausnahmsweise als Zuschauer, die sehr schwere Verletzung eines Torwarts mit und leistete sogleich erste Hilfe, bis der Rettungsdienst vor Ort war. Das Spiel musste abgebrochen werden. Und wie es das Schicksal so wollte, wurde ausgerechnet er als Schiedsrichter für das Wiederholungsspiel eingeteilt.

Im Laufe der Zeit ließ sich das Pfeifen nicht mehr mit dem Beruf vereinbaren. 2015 war damit Schluss. Seitdem engagiert er sich als Funktionär, was nicht minder zeitintensiv ist, aber sich besser organisieren lässt. Als Bezirksobmann ist er für alle Unparteiischen in Oberfranken verantwortlich. Schiedsrichterbeobachtungen, Lehrgänge und gesellschaftliche Auftritte gehören zu den Aufgaben dieses Ehrenamtes. Sorgen bereiten ihm der fehlende Nachwuchs. Ursächlich hierfür sei aus seiner Sicht ein grundlegendes Problem, das ebenso auf seine zweite Passion, den Notarztdienst zutreffe. „Viele wollen sich nicht mehr verpflichten“, bedauert Dr. Völk. „Das ist schade, weil man davon auch profitiert. Mir jedenfalls hat es viel gegeben: Pflichtbewusstsein, Geradlinigkeit, Menschenkenntnis und Entscheidungsfreude.“

Nicht nur als Obmann weilt er noch oft in den Stadien. Beruflich ist er regelmäßig in der Schweinfurter Eishalle anzutreffen, aufgrund des ärztlichen Engagements seines Chefarztes Dr. Blanke beim Eishockey-Team Mighty Dogs sowie auch bei den Fußballern des FC 05.

Und wer weiß, vielleicht sieht man den Doktor bald wieder auf dem Platz. „Ja, es juckt mich schon“, antwortet er auf die Frage nach einem Comeback mit der Pfeife zumindest in einer unteren Liga. Seine bessere Hälfte hat ihn schon dazu ermutigt und es ihm neulich mit einem Augenzwinkern wie folgt mitgeteilt: „Dann würdest du dich auch wieder mehr bewegen.“

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