Bauchspeichel­drüsenkrebs:
schnelles Handeln entscheidend!

Je früher die tückische Erkrankung erkannt wird, umso besser sind die ­Heilungschancen. Im Pankreaskarzinomzentrum arbeiten Spezialisten ­interdisziplinär zusammen für eine bestmögliche Behandlung.

(Text: Stefan Pfister)

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Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) liegt im Oberbauch, hinter dem Magen und vor der Wirbelsäule, eingebettet zwischen Leber und Milz. Das gelbliche Organ ist rund 15 Zentimeter lang, fünf Zentimeter breit und in Kopf, Körper und Schwanz gegliedert. Es übernimmt wichtige Funktionen bei der Verdauung und Blutzuckerregulation. Im Pankreas werden Enzyme gebildet, die im Darm die Nährstoffe im Essen aufspalten (exokrine Drüse), sowie weitere Sekrete, um den Magensaft zu neutralisieren. Eine weitere Aufgabe ist die Hormonproduktion, darunter auch Insulin und Glukagon (endokrine Drüse). Ist die Insulinherstellung gestört, entsteht die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus.

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Es ist eine eher unbekannte ­Erkrankung, wenngleich prominente Todesfälle sie zeitweise ins Licht der Öffentlichkeit rücken: Apple-Chef Steve Jobs starb an Bauchspeichel­drüsenkrebs, auch Startenor Luciano ­Pavarotti und Schauspieler Patrick Swayze erlagen diesem Leiden.

Pankreaskarzinome treten zwar selten auf, doch sie sind äußerst tückisch und bedürfen einer hochspeziellen Behandlung. Solche Tumorzellen sind meist bösartig und wachsen aggressiv. Erschwerend kommt hinzu, dass alles zunächst im Verborgenen geschieht, weil die Drüse gut eingepackt im Fettgewebe liegt. Deshalb bemerken Betroffene anfangs kaum etwas davon.

Typische Symptome gibt es nicht, eher unspezifische. Dazu zählen Schmerzen im Oberbauch, die sich gürtelförmig um den Körper ausbreiten, teils sogar in den Rücken ausstrahlen. Sie können plötzlich oder immer wieder auftreten, was von einer akuten oder chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung herrühren kann. Weitere Warnzeichen sind erheblicher Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Gelbsucht, Durchfall und Diabetes.

Sobald der Körper solche Signale aussendet, muss schnell gehandelt werden: Es gibt nur einen Weg, und zwar rasch zum Hausarzt zu gehen! Denn Zeit ist nach Ansicht von Prof. Dr. med. Detlef Meyer einer der entscheidenden Faktoren für eine erfolgreiche Behandlung. „Je früher ein Bauchspeicheldrüsenkrebs entdeckt wird, umso schneller können wir helfen und umso besser sind die Heilungschancen“, betont der Chefarzt der Chirurgischen Klinik.

Professor Meyer ist ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet. Er ist Mitbegründer des Pankreaskarzinom­zentrums, das auf die Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs ­spezialisiert ist und das er gemeinsam mit Prof. Dr. med. Stephan Kanzler, Gastroenterologe und Chefarzt der  Medizinischen Klinik 2, leitet. Spezialisten verschiedener ­medizinischer Disziplinen begutachten in ihrer wöchentlichen Tumorkonferenz auffällige Beschwerden und Befunde von Patienten und legen gemeinsam das weitere Vorgehen fest. Ist es Krebs und hat er schon gestreut? Wo genau befindet er sich? Ist eine OP sinnvoll und hilfreich oder sollte eine Chemotherapie eingeleitet werden? Solche und weitere Fragen werden dabei ausführlich diskutiert. Am Ende steht immer eine gemeinsame Entscheidung aller beteiligten Experten.

Die Diagnostik läuft entweder über den Hausarzt oder die Klinik von Prof. Kanzler. Erstes Mittel der Wahl bei einem Verdacht ist der Ultraschall. Noch näher an die Bauchspeicheldrüse kommt die Klinik von Prof. Kanzler mit der Endosonographie, eine Ultraschalluntersuchung während einer Magenspiegelung. Dies erscheint logisch, denn die Bauchspeicheldrüse liegt ja anatomisch hinter dem Magen. Hierbei kann sogar eine Gewebeprobe zur weiteren Klärung des Prozesses entnommen werden. Zusätzliche Einblicke ermöglichen CT, MRT und ERCP, um zum Beispiel Bauchspeicheldrüsengänge und Gallenwege näher zu untersuchen.

Pankreaskarzinomzentrum Schweinfurt Mainfranken

Um eine hochspezialisierte Behandlung zu sichern, wurde im Jahr 2011 das interdisziplinäre Pankreaskarzinomzentrum gegründet. Dies arbeitet in Kooperation mit niedergelassenen Medizinern und verschiedenen Krankenhausdisziplinen. Zu den Partnern gehören neben Chirurgie, Gastroenterologie, Onkologie, Strahlentherapie und Radiologie im Leopoldina-Krankenhaus unter anderem das MVZ Leopoldina und MVZ Ebern, die Haßberg-Kliniken und das Ambulanzzentrum Schweinfurt. Darüber hinaus sind Sozialberatung, Physiotherapie, Psychoonkologie und Ernährungsberatung wichtige Säulen des Konzeptes. Für eine bestmögliche Therapie orientiert sich das zertifizierte ­Zen­trum an wissenschaftlich fundierten Leitlinien.

Die beiden Leiter des Pankreaskarzinomzentrums am Leopoldina-Krankenhaus: v.l. Prof. Dr. med. Detlef Meyer (Chefarzt der Chirurgischen Klinik) und Prof. Dr. med. Stephan Kanzler (Chefarzt der Medizinischen Klinik 2).

Die chirurgische Therapie ist nach Auskunft von Prof. Meyer „das einzige­ potenziell kurative Verfahren, das eine Chance auf Heilung verspricht“. Der Tumor muss dabei aber vollständig entfernt werden. Drei Viertel der Karzinome entstehen am Pankreaskopf. In der Medizin spricht man von rechtsseitig. Ob der Krebs rechts oder links liegt, ist von zentraler Bedeutung beim weiteren Vorgehen. Mithilfe der Whipple-Operation, benannt nach dem amerikanischen Bauchspeicheldrüsen­chirurgie-Pionier, werden zusätzlich zum Tumor auch ein Teil des Gallengangs und der Zwölf­fingerdarm entfernt. Dass ein Teil des Magens herausgenommen wird, ist mittlerweile die Ausnahme. Üblich ist das Magen-erhaltende Verfahren (Pylorus-erhaltende Teilresektion nach Traverso/Longmire). In manchen Fällen wird eine adjuvante Chemotherapie vorangestellt, um größere Tumore erst zu verkleinern und sie dann im Zuge der folgenden Operation vollständig zu entfernen. Eine der OP nachfolgende „Chemo“ ist eine weitere Option, um sicherzugehen, dass alle Krebszellen zerstört wurden.

Weniger häufig ist die linksseitige Pankreasresektion, die inzwischen auch in der „Schlüsselloch-Technik“ (=minimal-invasiv) durchgeführt wird. Bei dieser OP-Variante werden der Körper und Schwanz der Bauchspeicheldrüse zusammen mit der Milz und den Lymphknoten entfernt. Dass einmal das komplette Organ herausgenommen werden muss, ist eher eine Seltenheit, aber ebenfalls eine Option, wenn dadurch der gesamte Krebs entfernt werden kann.

„Wenn der Tumor operiert werden kann, dann sollte man diese Chance auf jeden Fall wahrnehmen.”

(Prof. Dr. med. Detlef Meyer, Leiter des Pankreaskarzinomzentrums)

Warum eine frühzeitige Entdeckung nottut, verdeutlicht folgende Statistik: In den meisten Fällen ist das Wachstum des Bauchspeicheldrüsenkrebses bereits weit fortgeschritten.

Nur bei 15 bis 20 Prozent aller ­Patienten kann das Karzinom überhaupt restlos entfernt werden. Und nur dann besteht, wie schon beschrieben, eine Heilungschance. Der Leiter des Zentrums rät aus diesem Grund allen Betroffenen: „Wenn der Tumor operiert werden kann, dann sollte man diese Chance auf jeden Fall wahrnehmen.“

Ist dies nicht mehr möglich, wird die Therapie auf einen palliativen Zweck ausgerichtet. Es geht dann darum, das Wachstum des Tumors zu verhindern oder diesen zu verkleinern, um u.a. auch die Symptome und Schmerzen des Patienten zu lindern. Das gilt auch dann, wenn der Krebs bereits ­Metastasen gebildet hat. Mit Einsatz der Chemo- und Strahlentherapie kann somit die Lebensqualität verbessert werden.

Nach einer Operation an der Bauchspeicheldrüse sind die Patienten nicht automatisch Diabetiker. Erst wenn ca. 60 bis 90 Prozent des Organs fehlen, entsteht die Zuckerkrankheit. Betroffene können in der Regel normal essen. Zu jeder Mahlzeit müssen sie aber Verdauungsenzyme in Form von Tabletten einnehmen.

Bei alledem stellt sich natürlich eine zentrale Frage: Gibt es eine Vorsorge­untersuchung für Bauchspeicheldrüsenkrebs? Prof. Meyer hat darauf eine eindeutige Antwort: „Nein. Es ist leider noch nicht möglich, ein Pankreas­karzinom in einem sehr frühen ­Stadium zu erkennen.“ Obgleich ­intensiv an einer besseren Früh­erkennung geforscht wird. Und sogar an Impfstoffen! Das Pharma­unternehmen Biontech arbeitet bereits an der Entwicklung von Krebs­impfstoffen auf Basis der mRNA-Technik, auf der sein Coronaimpfstoff basiert. Das ­Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ ­berichtete im Februar von ­„ermutigenden Ergebnissen“ auch bei Karzinomen an der Bauchspeicheldrüse.

Was sind die Ursachen für ein Pankreas­karzinom?

Mehr als 14.000 Menschen erkranken jedes Jahr an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sowohl Männer als auch Frauen sind davon ­betroffen. Zumeist tritt die Erkrankung bei über 60-Jährigen auf. Bei den Krebstodesfällen belegt das Pankreaskarzinom den vierten Platz. Die Ursachen, warum sich die Zellen der Drüse in Tumorzellen verwandeln, sind bislang kaum bekannt. ­Weitgehend ­gesichert ist, dass Rauchen zu den Risikofaktoren zählt. Übermäßiger Alkoholkonsum sowie Gallensteine und Gen-Mutationen können ebenfalls zu Entzündungen des Organs (akute oder chronische Pankreatitis) und zu einem Karzinom führen.

(Quelle: Prof. Dr. med. Detlef Meyer / Infobroschüre „Bauchspeicheldrüsenerkrankungen“ des Europäischen Pankreaszentrums in Heidelberg)

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Medizin & Menschen – Folge 25 – Welt-Pankreaskrebs-Tag 2021 – Risikofaktoren, Symptome und Therapie

Prof. Dr. med. Detlef Meyer & Prof. Dr. med. Stephan Kanzler

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Prof. Dr. med. Detlef Meyer | Foto: vm.photodesign

Leitung Pankreaskarzinomzentrum

Chefarzt:
Prof. Dr. med. Detlef Meyer

Sekretariat:
Claudia Fürst, Kerstin Keller-Göbel

Telefon: 09721 720-2261
Fax: 09721 720-2258

E-Mail: [email protected]
Internet: www.leopoldina.de

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PODCAST

Medizin & Menschen – Folge 14 – Diagnose Krebs: Wenn das Leben aus der Bahn geworfen wird

Stefan Menz

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Prof. Dr. med. Stephan Kanzler | Foto: vm.photodesign

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Chefarzt:
Prof. Dr. med. Stephan Kanzler

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Julia Dütsch, Silvia Edenhofner

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