Ein Plädoyer wider die 5-Minuten-Medizin. Gerade die Gehirnchirurgie braucht Zeit – nicht nur im Operationssaal, sondern vor allem auch für die Patientinnen und Patienten, deren Angehörige, bei der Therapie-Entscheidung und -Durchführung.
(Text: Bernd Meidel)
Neueste Technik: Das Mikroskop unterstützt den Neurochirurgen während der OP.
Das Gehirn ist gleichsam das Motherboard des Menschen. Es steuert alle seine Körperfunktionen. Zudem sind hier Bewusstsein, Erinnerung, Verstand und Gefühl angesiedelt. „Damit liegt im Gehirn letztlich eines jeden Menschen Persönlichkeit, Charakter, Seele“, so Privatdozent Dr. Johann Romstöck. Wer hier operiert, braucht das absolute Vertrauen der Patientinnen und Patienten. „Wir nehmen uns sehr viel Zeit bei der Diagnostik, dem Gespräch mit den Patientinnen und Patienten, sowie bei der Nachsorge. 5-Minuten-Medizin ist hier fehl am Platz“, ergänzt er mit Blick auf das populäre Streben nach höheren Fallzahlen. Qualität gehe vor Quantität. Und für die Qualität am Leopoldina spricht beispielsweise, dass jede Therapie in der „Neuro-Tumor-Konferenz“ interdisziplinär beraten wird. Denn: Dr. Romstöck operiert nicht gleich. Vielmehr diskutiert er die fallspezifisch passenden Therapieansätze mit den Spezialisten der Onkologie, Radiologie, Strahlentherapie, Neurologie und Inneren Medizin. Damit stehen alle derzeit anerkannten Behandlungswege auf dem Prüfstand und der Patient kann sicher sein, dass keine Möglichkeit unberücksichtigt bleibt. Das Leopoldina bietet alle Behandlungsformen, die in den Leitlinien der Fachgesellschaften NOA (Neuroonkologische Arbeitsgemeinschaft in der Deutschen Krebsgesellschaft e.V.) und DGNC (Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie) gefordert werden. Ebenso unterliegen auch Schlaganfälle einem umfangreichen Therapiemanagement zur klassischen Operation, dem mikroinvasiven Eingriff, einem Katheter oder der Blutverdünnung.
Priv.-Doz. Dr. Romstöck am hochmodernen Mikroskop KINEVO90.
(PD Dr. med. Johann Romstöck,
Chefarzt Neurochirurgische Klinik)
Auf dieses vollumfängliche Potential ist Priv.-Doz. Dr. Romstöck ein wenig stolz oder, wie er es ausdrückt: „Ich komme von den größten Universitätskliniken und vermisse hier, am Leopoldina, nichts.“ Belegend verweist er auf die technische Ausstattung vor Ort. Das sei „auf Augenhöhe mit den größten Neurochirurgischen Kliniken in ganz Deutschland“.
Er kann das beurteilen; denn sein Fachgebiet ist klein, da kennt man sich; nicht zuletzt aufgrund der regelmäßigen Kongresse und Fortbildungen. Allerdings gelte bekanntlich: “A fool with a tool is still a fool.“ – was sagen will, dass der, der das Werkzeug in der Hand führt, viel wichtiger ist, als nur das Werkzeug. Umso wichtiger sind ihm seine hochqualifizierten Mitarbeitenden. „Viele pendeln jeden Tag weite Strecken, um in unserem Team der Leopoldina-Neurochirurgie mitzuarbeiten. Das spricht für sich.“
Elektrophysiologisches Neuromonitoring: Während der Operation erhalten die verschiedenen Sinne (beispielsweise Gehör, Sehen, Tastsinn) stetig Reize und es wird gemessen, ob die zugehörigen Gehirnregionen passend stimuliert werden. Dazu werden winzige Stromsignale von wenigen Mikrovolt erfasst. (Anm. der Red.:
1 Mikrovolt = 1 µV = 1 Millionstel Volt). Diese zeigen an, ob das Gehirn noch korrekt funktioniert. Dementsprechend wird das weitere Vorgehen angepasst.
Großen Gesprächsbedarf haben natürlich auch die Betroffenen und deren Angehörige. Diagnose und Therapien sind angstbesetzt. Oftmals wirken Gehirnerkrankungen wesensverändernd. Da stellt sich die Frage, ob man nach dem Eingriff noch bzw. wieder „der Alte“ sein wird. Was bedeutet das für den Beruf, die Familie, die eigene Lebensqualität? Es braucht Zeit, um diese Themen gemeinsam zu erarbeiten und Entscheidungen zu fällen. Darauf geht Priv.-Doz. Dr. Romstöck auch im Rahmen seiner Patientenseminare ein: „Meist sind die Veränderungen reversibel. Die Plastizität, also die Lernfähigkeit, des Gehirns hilft bei Heilung und Ausgleich. Die neurologische Reha setzt die passenden Anreize. Das ist allerdings oft ein langwieriger Prozess.“ Neurochirurgische Operationen am Gehirn dauern oft lange; fünf Stunden sind „normal“; manchmal ziehen sie sich aber auch bis zu zwölf Stunden hin. Dementsprechend bereitet sich Priv.-Doz. Dr. Romstöck beinahe wie ein Marathon-Läufer darauf vor: kleines Frühstück, wenig Trinken, generell: Ausdauersport. Er fährt Rad – natürlich mit Helm; zum Schutz des Gehirns, dem Sitz der menschlichen Seele.
Das robotisch gestützte Mikroskop bietet eine hohe Sicherheit bei der Schonung kritischer Hirnfunktionen.
PD Dr. med. Johann Romstöck Foto: vm.photodesign
Chefarzt:
PD Dr. med. Johann Romstöck
Sekretariat:
Viktoria Rohrer, Susanne Hübner
Telefon: 09721 720-2626
Fax: 09721 720-2992
E-Mail: [email protected]
Website: www.leopoldina.de
Neurochirurgische Klinik am Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt
PD Dr. med. Johann Romstöck im Interview
PD Prof. Dr. Johann Romstöck zum Thema Hirnaneurysma
PD Prof. Dr. Johann Romstöck zum Thema Hirntumore
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