Ein Ägypter in Franken.

Menschen im Leopoldina: Mohamed Atta, Assistenzarzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe.

(Text: Bernd Meidel)

 

“Ich bin gerne in Schweinfurt und möchte hierbleiben. Hier sind alle so freundlich und sagen ‚Hallo‘ – ganz ­anders als in Mainz, wo ich zunächst tätig war. Da wurde ich gar nicht gesehen“, so beschreibt Mohamed Atta einen seiner Gründe, warum er sich in Franken so wohlfühlt. „Der Main erinnert mich ein wenig an den Nil“, ergänzt er lächelnd.

Beruflich schätzt er das Vertrauen, das ihm regelmäßig im Team und von den Vorgesetzten entgegengebracht wird. „Am Leo war´s vom ersten Tag an super. Ich werde viel häufiger als zuhause zu Operationen eingeteilt und bekomme immer detailliertes Feedback.“ Das spornt ihn offensichtlich an. Als bereichernd empfindet er zudem den vergleichsweise großen Aufgabenbereich der Frauenärzte hierzulande; denn in Ägypten sind z.B. Brust-­Operationen den Chirurgen vorbehalten. Im „Leo“ fühlt er sich in jeder Hinsicht gut eingebunden, nicht zuletzt wegen der kleinen Hand voll ara­bischer Kollegen, die sich gegenseitig Hilfestellung geben – natürlich auch in Alltagsfragen. Und davon gibt es mehr, als man vermuten möchte…

Mohamed Atta möchte gerne in Deutschland und „am Leo“ bleiben. Natürlich vermisst er die strahlende Sonne Ägyptens, seine alten Freunde und seine Familienangehörigen. Andererseits hat er die feste Hoffnung, sich hier bald mit seiner Frau und seinen Kindern ein neues Leben aufzubauen – dann will er sich auch in der fränkischen Küche weiter vorwagen als bis zum Krapfen. (Zum Vergrößern Bild anklicken)

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Die größte Herausforderung für Atta ist die deutsche Bürokratie. Noch immer schwebt das Damoklesschwert der Ausweisung über ihm. Die für seine Approbation notwendigen Unterlagen und Nachweise hat er zwar schon vor Monaten eingereicht – alles in Papierform! Angesichts seiner medizinischen Leistungen und des weithin bekannten Fachkräftemangels haben sich zudem sogar Chefarzt, Prof. Dr. med. Michael Weigel, und Schweinfurts Oberbürgermeister, Sebastian Remelé, für ihn eingesetzt.

Allerdings ist seine dauerhafte Berufserlaubnis v.a. vom Bearbeitungstempo der Regierung von Oberbayern abhängig. Wird sein Antrag nicht innerhalb von sechs Monaten positiv beschieden, muss er wieder nach Ägypten zurück. Dann würde die gesamte Prozedur mit Visum, Sprachkursen, Anträgen auf Anerkennung der Ausbildung sowie der Berufserlaubnis wieder von vorne beginnen. „Zum Glück“, so sagt er „setzt sich mein Chefarzt Prof. Weigel immer so für mich ein. Das ist sehr viel wert.“

Diese Unsicherheit hält ihn davon ab, seine Frau, selbst Zahnärztin, und seine beiden Kinder nach Schweinfurt zu sich zu holen. So kennt er seinen jüngeren Sohn bisher lediglich aus Video-Calls. Umso mehr freut er sich auf den nächsten Urlaub in Ägypten. Mit dem fränkischen/deutschen Essen ist er noch immer vorsichtig. „Unglaublich, dass auf einer Brezel Salz ist. Und dann noch so viel davon!“ Die Faschingskrapfen hingegen findet er sehr sehr lecker. Aber auch die arabische Küche, die hier angeboten wird, sei sehr angepasst, bestenfalls dem Türkischen angenähert. Lieber kocht er sich selbst original arabische Gerichte; wegen des gewohnten Geschmacks und wegen des moslemischen Schweinefleischverbots. Auch das mitteleuropäische Wetter bringt ungeahnte Herausforderungen mit sich: „Ich war schockiert, als ich zum ersten Mal auf Eis ausgerutscht bin.“ Ebenso überraschte ihn das ­bayerische Ladenschlussgesetz: ­„Wieso sind die Geschäfte hier sonntags geschlossen? Da habe ich frei und Zeit zum Einkaufen.“

Doch das sind letztlich Kleinigkeiten. Wirklich schwer wiegt dagegen die Unsicherheit. „Ich habe hier keinen sozialen Status und kein vollständiges soziales Leben. Das ist sehr hart. So denke ich oft an Dr. Ahmed El-Sidek,­­ meinen Chefarzt und Mentor in Ägypten.

Er hat mich auf dem Sterbebett nach Deutschland geschickt; mit den Worten: Du kannst das schaffen.“ Daran muss Atta immer denken, während er darauf wartet, dass er von den Behörden endgültig grünes Licht bekommt.

“Ohne den Einsatz von Prof.
Weigel wäre ich nicht mehr hier.“

(Mohamed Atta)

Werdegang

2011
Medizinstudium in Menoufia/Ägypten

2014-2019
Weiterbildung „Geburtshilfe“

2020
Deutschprüfung in Riad/Saudi-Arabien,
Fachsprachprüfung in Mainz, Hospitation
am Leopoldina Krankenhaus Schweinfurt

2022
Fachsprachprüfung in Kiel

2023
Assistenzarztstelle am
Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt

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