Komplementäre Schmerztherapie – weniger Medika­mente dank ganz­heit­licher Therapie.

Im Gegensatz zu akutem Schmerz, der eine natürliche Warnfunktion des Körpers darstellt, ist der chronische Schmerz eine eigenständige Erkrankung. Multimodale Programme bewirken nachhaltige Verbesserungen der Lebensqualität, wenn sich die Patienten darauf einlassen.

(Text: Bernd Meidel)

Gruppentreffen – wie hier beispielhaft abgebildet – werden von Einzelsitzungen begleitet. (Zum Vergrößern auf das Bild klicken!)

In Deutschland leiden ca. 16 Mio. Menschen (davon 600.000 Schwerstbetroffene) unter chronischen Schmerzen und sind im Durchschnitt acht bis zehn Jahre auf der Suche nach der geeigneten Therapie. Sie brauchen nicht noch mehr Medikamente, sondern Hilfe zur Selbstfürsorge, Achtsamkeit und Verständnis. An der Tagesklinik für multimodale Schmerztherapie werden Patienten von Experten verschiedener Fachgebiete in enger Absprache individuell behandelt. Aufeinander abgestimmt kommen medizinische, körperlichübende und verhaltenstherapeutische Methoden zur Anwendung. Voraussetzung ist das aktive Mittun der Patienten.

Der Schweinehund: Ein ehemaliger Patient schuf diese Holzskulptur und schenkte sie der Schmerzklinik, um anderen Patienten Mut zu machen.

Schmerzen sind eine vielschichtige Erkrankung. Sie beinhaltet für die Betroffenen neben der erheblichen körperlichen Symptomatik weitreichende Folgen im sozialen Leben und oft schwere seelische Belastungen. Daher erfordert eine nachhaltige Schmerztherapie eine ganzheitliche Herangehensweise.

Ab einer Dauer von drei bis sechs Monaten spricht man von „chronischen“ Schmerzen. Ihre Ursachen sind vielfältig – oftmals Wirbelsäulenerkrankungen, Haltungsschäden, Unfallfolgen, Migräne oder Spannungskopfschmerzen und manchmal auch anhaltende Schmerzen nach Operationen. Nicht immer lassen sich eindeutige Ursachen der Schmerzen feststellen und beseitigen. Die klassische Schulmedizin alleine ist hier dann wenig wirksam.

Dr. Jutta Albrecht, Chefärztin der Schmerzklinik, erläutert: „Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind in den letzten Jahren gestiegen. Es wurden auch neue Medikamente und Therapiemöglichkeiten entwickelt. Allerdings bringt die neue Medikation zum Teil erhebliche Nebenwirkungen mit sich. Dementsprechend steigt das Interesse an komplementären Methoden.“

Das Haus des Lebens: ein ganzheitlicher Blick ist von Nöten.
(Zum Vergrößern Bild anklicken)

“Wer nicht jeden Tag etwas Zeit für seine Gesundheit aufbringt,
muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern.“

(Sebastian Kneipp)

Komplementäre Methoden in der Therapie

Dazu gehören die Naturheilverfahren, die traditionelle chinesische Medizin (TCM) mit Akupunktur, aber auch weitere Verfahren wie z. B. Ernährungsberatung, „Mind-Body“-Medizin aber auch klinische Hypnose. Viele dieser Behandlungsansätze sind mittlerweile gut erforscht oder es gibt wissenschaftlich begründete Hinweise auf ihre Wirksamkeit. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ein Strategiepapier entworfen, um die komplementäre Medizin als Ergänzung zur Schulmedizin zu etablieren. Sie sieht darin einen „nachhaltigen Part im Gesundheitssystem“. Nicht zuletzt gibt es positive Rückmeldungen der Patienten.

Zuvor haben sich diese oft jahrelang durch den Alltag gequält. Die Chefärztin erklärt: „Wir bezeichnen sie gerne als ´fröhliche Durchhalter´. Sie meinen, funktionieren zu müssen für die Familie, den Beruf, ihre Existenz. Viele nehmen bereits hochdosierte Medikamente und spüren deren nachlassende Wirkung, oftmals Nebenwirkungen oder fürchten die Suchtgefahr z.B. der Opiate.

Für jeden Fall suchen wir in enger Zusammenarbeit mit dem Patienten die individuell passenden Methoden zum Umgang mit dem Schmerz.“ Diese müssen seelischen, körperlichen und sozialen Problemen Rechnung tragen und alltagstauglich sein. Daher hat es sich bewährt, dass die Patienten abends und an den Wochenenden zuhause sind, um die erlernten Strategien im Familienleben zu erproben und zu etablieren. Zudem bleibt auf diese Weise der Kontakt zum persönlichen Umfeld erhalten.

Dr. med. Jutta Albrecht Foto: fotografiewerk.de (Andre Gibson)

Klinik für Spezielle Schmerztherapie

Chefärztin:
Dr. med. Jutta Albrecht

Sekretariat:
Katja Beck, Susanne Göb,
Gabriele Heim, Silke Schlotter

Telefon: 09721 720-6405
Fax: 09721 720-2935

E-Mail: [email protected]
Website: www.leopoldina.de

Klinik für Spezielle Schmerztherapie

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In der Gruppe treffen sich Leidensgenossen

Dr. Albrecht führt weiter aus: „Da der Schmerz nicht nachweisbar – also nicht beweisbar – ist, erfahren die Betroffenen in ihrem persönlichen Umfeld oft abwertende Reaktionen z. B. werden sie als Weicheier oder Simulanten bezeichnet. Im Gegensatz dazu spüren sie in der Gruppe, dass sie nicht alleine sind. Hier ist der chronische Schmerz normal im Sinne von akzeptiert und das schafft Offenheit, Vertrauen und Motivation für Veränderung. Die Teilnehmer sind bunt gemischt, lernen voneinander und bilden über die Sitzungen hinausgehende soziale Kontakte.“

Ein weiterer Patient hat seine Erfahrungen in der Schmerztherapie ebenfalls künstlerisch dargestellt.

 

Wie sehr das den Patienten hilft, lässt sich am eindrucksvollsten aus den Einträgen im Gruppen-Gästebuch ablesen. Seite um Seite zeugen liebevoll gestaltete Erfolgsgeschichten von Freude und Dankbarkeit.

Nur zwei Kliniken in Unterfranken

Das Leopoldina legt großen Wert auf diese spezielle Schmerzklinik. Findet sich in ganz Unterfranken doch lediglich noch eine vergleichbare Einrichtung.

Die hier praktizierte „inte­grative Medizin“ unterstützt die Patientinnen und Patienten, indem sie körperliche, emotionale und soziale Aspekte berücksichtigt und in das individuelle Therapiekonzept einschließt. Daher sind die komplementären Verfahren ein wichtiger Baustein in der multimodalen Schmerztherapie.

Zu einem ganzheitlichen Behandlungsansatz gehören somit neben dem Erhalt der Gesundheit und der Behandlung der Erkrankung unter anderem auch Entspannungstechniken, Bewegungsübungen, Ernährungsmedizin, Phytotherapie/Pflanzenheilkunde und physikalische Behandlungsmethoden.

In enger Zusammenarbeit mit dem Patienten können diese unterschiedlichen Verfahren die Resilienz und Selbstfürsorge stärken. Der Patient kann so auch wieder mehr Einfluss auf seinen Alltag ausüben und erlebt sich nicht mehr der Situation ausgeliefert. Nur so kann sich die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig verbessern.

Selbstfürsorge statt noch mehr Medikamente

Dass sich das auch volkswirtschaftlich auszahlt, zeigt der Blick in die USA. Dort ist die o.g. „Mind-Body“-Medizin für mehr Selbstwahrnehmung und -fürsorge schon seit den 70er Jahren bewährte Praxis. Es ist belegt, dass der Aufwand für multimodale Programme die Folgeschäden und damit die Krankheitskosten (z. B. Arbeitszeitausfall, Frühberentung, toxische Nierenschäden) deutlich überkompensiert.

Einer der vielen liebevollen Einträge aus dem Gruppen-Gästebuch.

PODCAST

Medizin & Menschen – Folge 21– Daueralarm im Körper: Leben mit chronischem Schmerz

Dr. Jutta Albrecht

Zum Podcast

Dr. Jutta Albrecht zum Thema Schmerztherapie bei chronischen Schmerzen

Video:
Chronischer Schmerz

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