Karussell im Kopf.

Schwindel ist ein weitverbreitetes Symptom, das Menschen jeden Alters betreffen kann. Häufig hat es harmlose Ursachen, doch manchmal steckt eine ernstere Erkrankung ­dahinter. In jedem Fall aber beeinträchtigt es den Alltag der Betroffenen stark.

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Was ist Schwindel?

Schwindel (Vertigo) ist das Gefühl von Drehung oder ­Bewegung, obwohl keine tatsächliche ­Bewegung stattfindet. Es kann durch verschiedene Faktoren wie Probleme im Gleichgewichts­organ im Innenohr, oder aber durch Schädigungen am ­Gehirn, ­neurologische Störungen oder Blutdruckschwankungen ­verursacht werden. Die häufigsten Formen sind der gutartige Lagerungsschwindel (gutartiger paroxysmaler Lagerungsschwindel), der anfallartige Drehschwindel (Morbus Menière), der anhaltende Drehschwindel, auch als Vestibularreizung (Neuritis vestibularis) bezeichnet, und – seltener – auch die vestibuläre Migräne.

Schwindel ist ein Symptom, das die meisten Menschen schon einmal erlebt haben. Es kann von einem leichten Schwanken bis zu einem starken Drehschwindel reichen, der das tägliche Leben stark beein­trächtigt. Viele Patienten meinen jedoch eher ein Benommenheitsgefühl und/oder Gangunsicherheit, wenn sie über Schwindel klagen. „Schwindel ist keine Krankheit, sondern ein Symptom, das viele verschiedene Ursachen haben kann“, erklärt Prof. Dr. med. René Handschu, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Leopoldina-Krankenhaus. Diese Vielfalt der Ursachen macht die Diagnose manchmal zu einer Herausforderung.

Eine der häufigsten Ursachen für Schwindel ist der sogenannte ­gutartige paroxysmale Lagerungsschwindel (BPPV). Diese Form des Schwindels tritt vorwiegend bei bestimmten ­Bewegungen des Kopfes auf und hält oft nur wenige Sekunden an. „Man geht davon aus, dass BPPV durch ­kleine Kristalle im Innenohr verursacht wird, die sich gelöst haben und in die Bogengänge des Gleichgewichts­organs gelangen“, so Prof. Handschu. Die gute Nachricht ist, dass diese Art von Schwindel oft durch spezielle Lagerungsübungen behandelt werden kann, die die Kristalle wieder an ihren Platz bringen. Damit verschwinden die Symptome oft sehr schnell, können aber wiederkommen. Deshalb sollte man das Übungsprogramm noch einige Tage weiterführen auch wenn das Drehgefühl weg ist.

Eine andere Variante der Schwindel­attacken ist der Morbus Menière, mit Minuten bis wenige Stunden ­andauernde Attacken mit akutem Drehschwindel, häufig und im Verlauf zunehmend kombiniert mit Ohrendruck, Hörstörung und auch Tinnitus. Die Erkrankung bleibt oft lange unerkannt, was für die Betroffenen zu einem hohen Leidensdruck führt. Anzuraten ist auf jeden Fall eine Untersuchung incl. Hörprüfung durch den HNO-Arzt. Der Morbus Menière ist eine der wenigen Schwindelformen, die man durch eine dauerhafte Medikamentenbehandlung oft deutlich bessern kann.


„Gutartiger paroxysmaler Lagerungsschwindel“ Illustration: Adobe Stock

Aber Schwindel kann auch ein Hinweis auf ernstere Erkrankungen sein, wie z.B. einen Schlaganfall oder Multiple Sklerose. In solchen Fällen ist eine schnelle Diagnose und Behandlung entscheidend, vor allem beim Schlaganfall. „Wenn Schwindel plötzlich und ohne erkennbaren Grund auftritt oder mit anderen Symptomen wie Doppelbildern, Sprachstörungen oder Lähmungen einhergeht, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden“, rät Prof. Handschu eindringlich. Auch hinter solchen oft dramatischen Beschwerdebildern steckt meist eine harmlose Ursache, wie der Lagerungsschwindel, aber eben nicht immer. Deshalb ist es wichtig Beschwerden auch fachärztlich abklären zu lassen, mitunter ist dafür auch ein Krankenhausaufenthalt unumgänglich.

Zur Diagnose von Schwindel gehören eine gründliche Anamnese, ­körperliche Untersuchungen und oft auch bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie (MRT). Tests wie der Kopfimpulstest oder die Nystagmusbrille helfen, die Funktion des Gleichgewichtsorgans zu beurteilen. „Eine genaue Diagnose ist entscheidend, um die richtige Therapie einzuleiten. In vielen Fällen kann der Schwindel durch gezielte Maßnahmen deutlich verbessert werden“, erklärt Prof. Handschu. Je nach Ursache werden im Akutfall über einige Tage Medikamente wie z.B. Cortison gegeben. Im weiteren Verlauf, oder bei chronischem Schwindel ist der Effekt von Medikamenten meist nicht so gut, hier hilft oft ein gutes Übungsprogramm wie z.B. die genannten Lagerungsübungen oder Gleichgewichts- und Gangtraining. Meistens können diese Übungen eigenständig nach Anleitung durch­geführt werden, manchmal braucht es jedoch Unterstützung von Physio- und/oder Ergotherapeuten.

Schwindel kann beängstigend sein, aber mit der richtigen Diagnose und Behandlung ist in vielen Fällen eine deutliche Besserung möglich. ­Zögern Sie nicht, Hilfe zu suchen – alles dreht sich, aber Sie müssen sich nicht mitdrehen.

Kopfimpulstest

Der Kopfimpulstest, auch als Halmagyi-Test bekannt, wird verwendet, um die Funktion des Gleichgewichtsorgans (Vestibularapparat) zu überprüfen.

Ablauf:

  1. Positionierung: Der Patient sitzt aufrecht und fixiert einen Punkt direkt vor sich, beispielsweise die Nase des Untersuchers.
  2. Kopfbewegung: Der Untersucher dreht den Kopf des Patienten schnell und ruckartig um kleine Winkel nach links und rechts, während der Patient weiterhin den fixierten Punkt im Blick behält.
  3. Beobachtung: Der Untersucher beobachtet die Augenbewegungen des Patienten. Bei einer normalen Funktion des Gleichgewichtsorgans bleiben die Augen auf den fixierten Punkt gerichtet. Bei einer Störung der Gleichgewichtsfunktion gleiten die Augen mit dem Kopf mit und müssen dann eine schnelle Korrekturbewegung (Sakkade) zurück zum Fixationspunkt machen.

Der Test ist einfach und schnell durchzuführen und kann direkt im Behandlungsraum erfolgen.

Diagnostik mithilfe der Nystagmusbrille

Eine Nystagmusbrille, auch bekannt als Frenzel-Brille, ist ein diagnostisches Instrument, das verwendet wird, um Schwindel und Gleichgewichtsstörungen zu untersuchen. Sie ermöglicht es dem Arzt, Augenbewegungen (Nystagmus) zu beobachten, die durch Schwindel ausgelöst werden können und Hinweise auf die Ursachen geben können. Sie ist ein relativ einfaches und nicht-invasives Mittel zur Diagnostik.

Funktionsweise:

  1. Verhinderung der visuellen Fixation:
    Die Vergrößerungsgläser der Brille verhindern, dass der Patient visuelle Fixationspunkte im Raum wahrnimmt. Dadurch wird die natürliche Unterdrückung des Nystagmus durch visuelle Fixation aufgehoben, und die Augenbewegungen treten deutlicher hervor.
  2. Beobachtung des Nystagmus:
    Der Untersucher kann durch die Vergrößerungsgläser die Augenbewegungen des Patienten genau beobachten. Die Brille verstärkt die Bewegungen, sodass auch kleine oder subtile Nystagmusbewegungen sichtbar werden.
  3. Provozierung des Nystagmus:
    Verschiedene Manöver oder Tests können durchgeführt werden, um den Nystagmus auszulösen oder zu verstärken. Dazu gehören Drehstühle, Kopfbewegungen oder kalorische Tests (Spülung des Ohres mit warmem oder kaltem Wasser).

PODCAST

Medizin & Menschen – Folge 61 – Spezialeinheit in der Medizin: Die Stroke Unit am Leopoldina

Prof. Dr. med. René Handschu

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Stroke Unit

Fragen an Prof. Dr. med. René Handschu

Prof. Dr. med. René Handschu Foto: ©Foto: M. Hanson

Neurologische Klinik

Chefarzt:
Prof. Dr. med. René Handschu

Sekretariat:
Evelyn Kutovenko, Nicole Naujoks

Telefon: 09721 720-2153
Fax: 09721 720-2985
E-Mail: [email protected]

Neurologische Klinik im Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt

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