Etwa 50 % aller Krebspatientinnen und -patienten erhalten im Laufe ihrer Erkrankung eine Strahlentherapie. Sie ist somit ein zentraler Bestandteil der Krebsbehandlung in Deutschland und verbessert die Heilungschancen erheblich. Welche Fortschritte in den letzten Jahren erzielt wurden und wie die Kombination mit alternativen Methoden aussieht, erläutert PD Dr. med. Reinhart Sweeney, Chefarzt der Strahlentherapie und Radioonkologie.
Moderne Technik im Einsatz – zum Wohle der Patientinnen und Patienten. Foto: Marc Hanson
Die Abteilung für Strahlentherapie und Radioonkologie befindet sich heute nicht mehr im dunklen Keller, sondern in einem neuen, großzügigen, hellen Gebäudebereich. Hier ist sie apparativ auf dem neuesten Stand. Erst 2021 wurden zwei baugleiche Linearbeschleuniger installiert, die von kleinsten Tumoren im Millimeterbereich bis hin zur großflächigen Bestrahlung fast alle Anforderungen der Strahlentherapie erfüllen – hochpräzise, schnell und unter maximaler Normalgewebsschonung.
Auch personell ist die Abteilung optimal aufgestellt. Ausnahmslos alle Patientinnen und Patienten werden von fünf spezialisierten Fachärztinnen und Fachärzten mit universitären Laufbahnen gesehen, gemeinsam besprochen und behandelt. Die eigentlichen Bestrahlungen erfolgen in Zusammenarbeit mit Medizinphysikexperten und 20 medizinisch-technischen Assistentinnen und Assistenten. So lassen sich fachliche Qualität und persönliche Betreuung miteinander vereinen.
Jährlich werden etwa 1.000 Patientinnen und Patienten mit gut- und bösartigen Erkrankungen behandelt. Die Strahlentherapie erfolgt überwiegend ambulant. Falls eine stationäre Betreuung erforderlich ist, wird diese zusammen mit der jeweils passenden, bettenführenden Klinik durchgeführt. Derartige Kooperationspartner sind das Brustkrebszentrum, das gynäkologische, das Prostata- und Darm/ Pankreaskrebszentrum. Weitere Schwerpunkte sind die strahlentherapeutische Behandlung von Lungenkrebs (in Kooperation mit dem Thoraxzentrum Münnerstadt), gut- und bösartige Hirntumore, Tumore im Kopf-Hals-Bereich sowie bestimmte Lymphomerkrankungen.
Ein ganzes Team an Mitarbeiterinnen und -mitarbeitern kümmert sich um die Patientinnen und Patienten. (Foto: Marc Hanson)
Die Strahlentherapie arbeitet mit elektromagnetischen Strahlen hoher Energie, die physikalisch als Röntgenstrahlen bezeichnet werden. Das ähnelt der Strahlung, die zur Diagnostik in der Computertomographie eingesetzt wird – allerdings mit 50-100-facher Energie. So hohe Strahlung kann Moleküle ionisieren. Das heißt, Elektronen aus den Atomschalen „herauszuschlagen“. Es bleiben sehr reaktionsfreudige Moleküle zurück, die ihrerseits andere Strukturen einer Zelle – wie z.B. das genetische Material (DNA) im Zellkern – schädigen können. Generell ist ionisierende Strahlung für unseren Körper ganz normal, da sie durchaus einen Teil unserer Umwelt darstellt. Strahlenschäden können von gesunden Körperzellen sehr gut repariert werden. Im Gegensatz zu gesunden Zellen sind Tumorzellen allerdings recht einfach strukturiert und wollen sich nur teilen. Die Fähigkeit zur Reparatur fehlt ihnen teilweise oder sogar komplett.
Exakt dieses Unvermögen wird in der Tumortherapie genutzt: Die Röntgen-Strahlen aus dem Therapiegerät (Linearbeschleuniger) fügen der DNA der Tumorzellen irreparable Schäden zu. Somit sind die Tumorzellen nicht mehr teilungs- und funktionsfähig. Sie sterben ab. Oft werden diese Tumorzellen vom Körper abgebaut, der Tumor wird kleiner oder verschwindet gänzlich. Demgegenüber können gesunde Zellen die Strahlenschäden überwiegend gut reparieren und sind nach der Strahlentherapie meist weiterhin funktionsfähig. Ionisierende Strahlung ist demnach weder fremd noch beängstigend. Vielmehr macht man sich ihr Potential zu Nutze.
Fotos in Galerie: Marc Hanson
Mit dem „Versa HD“ stehen zwei identische Linearbeschleuniger der neuesten Generation im Leopoldina- Krankenhaus.
Dafür wurde der Bestrahlungsraum komplett umgebaut. Erforderlich waren ein tragfähigeres Fundament, eine aufwändigere Verkabelung, eine leistungsfähigere Raumlufttechnik sowie eine steuerbare Ambientbeleuchtung.
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